Die Geschichte des Thermenlands: Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne
- Regeneration & Wellness
Durch und durch eine Erfolgsgeschichte
"Alle haben sich gefreut. Es war eine sehr große Freude, dass das Wasser gesprudelt ist, und deshalb hat es auch vor lauter Besucher gesprudelt bei der Baustelle." Das erzählt Josefa Groß, heute über 80 Jahre alt, die seit dem ersten Spatenstich Fotografin - und Fan - des Rogner Bad Blumau war.
"Dadurch, dass es in Loipersdorf und Waltersdorf schon gesprudelt hat, waren auch wir Blumauer zuversichtlich bei den Bohrungen, die Ende der 70er-Jahre stattgefunden haben." Die Freude und das Hoffnungsvolle, von dem Josefa Groß hier erzählt, spricht auch aus den alten Fotos, die die sechs steirischen Thermen für das Thermen- und Vulkanland Steiermark aus den Archiven gehoben haben!
Aber beginnen wir beim Anfang!
Nur, wo genau ist der Anfang des Thermen- und Vulkanland Steiermark auszumachen bzw. anzusetzen? Liegt er in Bad Radkersburg, wo man schon 1927 bei einer Bohrung nach Erdöl eine Quelle, die Radkersburger Stadtquelle, angebohrt hat? Zwar sprudelte aus 205 Metern Tiefe Wasser, aber dass es hochmineralisiert und heilkräftig ist, wurde den Einwohnern erst sehr viel später bewusst. Das heutige Kurzentrum der Parktherme - früher Kurmittelhaus genannt - entstand Mitte der 60er-Jahre, Trinkkuren für urologische Zwecke lockten die ersten Kurgäste an.
Das tat auch die Eröffnung des Parkbades im Jahr 1963. Das mit 50 Metern damals längste Schwimmbecken Österreichs war ein Meilenstein in der touristischen Entwicklung von Bad Radkersburg. Knapp zweieinhalb Monate nach der Eröffnung hatte man schon 45.000 Besucher gezählt. 15 Jahre später wurde - in der Region erstmals gezielt - nach Thermalwasser gebohrt und das Parkbad um ein Thermalwasserbecken erweitert. Erst 1982 wurde aus dem Parkbad die Parktherme Bad Radkersburg, welche wiederum vor einigen Jahren rundum vitalisiert zur neuen Parktherme wurde. Das in der Region nach wie vor eines der längsten Sportbecken ist heute auf 25 Grad temperiert und steht den Gästen von März bis Oktober zur Verfügung.
Tipp: Die Geschichte der Parktherme in chronologischer Reihenfolge wurde unter www.parktherme.at aufbereitet.
Aber müsste man die wahre Geburtsstunde des Thermen- und Vulkanland Steiermark nicht in Bad Loipersdorf ansetzen? Hier trug sich im Jahr 1972 mit Sicherheit eine Urszene zu. Bei Bohrungen auf dem Binderberg - man war nach wie vor auf der Suche nach Erdöl - schoss eine 30 Meter hohe Fontäne heißen Wassers aus dem Bohrloch. Man war in rund 1.100 Meter Tiefe auf Thermalwasser gestoßen.
Damit war fast schon absehbar, dass Bad Gleichenberg, wo seit 1834 der Kurbetrieb florierte, nicht allein von den vulkanischen Quellen der Region profitieren sollte.
Tipp: Die Geschichte über den Curort Bad Gleichenberg, die Entdeckung der Heilquellen und die Begründung des Kurparks findet ihr unter www.daskurhaus.at.
Mit gemischten Gefühlen blickte man daher von Bad Gleichenberg nach Bad Loipersdorf herüber. Aber der erste Geschäftsführer der "Thermalquelle Loipersdorf", Dr. Horst Wagner, war nicht unbedingt auf Konkurrenz aus. Erstens schwebte ihm ein Konzept vor, das eine stärkere Trennung von Intensivbehandlung und Erholung vorsah, und zweitens gefiel ihm - und auch dem jungen Kurdirektor in Gleichenberg, Wolfgang Haas - die Idee eines "Bäder-Dreiecks" nach deutschem Vorbild. Knapp sechs Jahre später, 1978, war es dann in Loipersdorf auch schon soweit. Das (provisorische) Schaffelbad wurde eröffnet und zur Attraktion für Einheimische und Gäste.
Wiederum drei Jahre später kam das moderne Thermalaußen- und -innenbecken hinzu, der "Vorfahre" des heutigen Loipersdorfer Spa und das erste heimische Thermalbad überhaupt. 1983 dann der Rückschlag: Ein Brand hat beinahe die gesamte Therme zerstört. Das Wissen um die Heilkraft aus der Erde (die Anerkennung als Heilquelle, nämlich als "Natrium-Chlorid-Hydrogen-Carbonat-Therme", war im Juli 1977 erfolgt) half allerdings sehr dabei, nicht aufzugeben. Der Wiederaufbau ging zügig voran - eine Dynamik und Kraft war zu spüren, die dem Thermenresort Loipersdorf bis heute zueigen ist. Eine Vielfalt im Erlebnisangebot lockte immer mehr Gäste an.
Tipp: Alles über die wechselhafte Geschichte des Themrenresorts Loipersdorf findet ihr unter www.therme.at
Und Stillstand kennt dieses Thermenresort, das von Anfang an den damals noch revolutionär neuartigen Gedanken der Gesundheitsförderung durch Lebensfreude verkörperte, nicht. Erst 2012 wurde ein neuer Bereich im Schaffelbad gebaut, in dem die Badekultur der alten Römer mit ihren typischen Ritualen aufersteht … Ende 2019 war's dann endlich soweit: Bad Loipersdorf wurde per 1. Jänner 2020 der 18. Kurort der Steiermark und der neunte Bäderkurort.
Dass die Suche nach Erdöl in den 70er- Jahren hartnäckig betrieben wurde, zeigt sich auch am Beispiel der Heiltherme Bad Waltersdorf. Wir schreiben das Jahr 1975. Der Vietnam-Krieg endet, Bill Gates gründet Microsoft, Steven Spielberg schockt mit seinem Weißen Hai die Badegäste an den Stränden dieser Welt. Margaret Thatcher wird Parteivorsitzende der britischen Konservativen und in Österreich sichert sich Bruno Kreisky einmal mehr die absolute Mehrheit. Und im kleinen Ort Waltersdorf beginnt die österreichische Rohölaufschließungsgesellschaft im Hühnergraben nach Öl zu bohren. Öl findet sie keines, dafür wiederum: Wasser. In 1.150 Metern Tiefe schlummert es seit Jahrmillionen, aber fortan wird es die Zukunft der Region bestimmen.
Tipp: Alles über Friedrich Rath (1932-2020), dem Mann der ersten Heiltherme-Stunde und der Geschichte der Therme Waltersdorf findet ihr unter www.heiltherme.at
In den ersten Jahren nach der Erschließung der Quelle wird sie allerdings nur zur Wärmeversorgung genutzt, erst rund fünf Jahre später beginnt der Bau eines Heilbades. 43 Waltersdorfer/-innen riskieren viel, investieren in den Bau und legen damit den Grundstein für die Zukunft. Und dann geht es auch schon ruckzuck: 1984 wird die Heiltherme, die heute Pionierin der Traditionell Steirischen Medizin (TSM®) ist, eröffnet, 1989 wird Waltersdorf zum Kurort und darf ein "Bad" vor den Ortsnamen setzen.
In Sebersdorf bei Waltersdorf wird dann im Jahr 2006 auch noch das jüngste Kind, das H2O-Hotel-Therme-Resort eröffnet: eine Familientherme mit 200-Zimmer-Hotel. 2016 eröffnete die Familientherme nach dreiwöchigem Umbau runderneuert wieder. Die Lobby wurde umgestaltet, ebenso wie die nahe liegende Bar. Das Restaurant wurde vergrößert, hinzu gekommen sind vier Seminarräume. Das Kleinkinderbecken wurde zu einem Ganzjahresbecken umgebaut und auch die Spielewelt wurde modernisiert. Es gibt nun einen Kletter-Indoor-Funpark, ein Kino, eine Kinderbar sowie eine Showbühne für Darbietungen. Ergänzt wird das Angebot mit einer täglichen, ganztägigen Kinderbetreuung.
Nichts anderes als Bewunderung ringt einem auch der Mut ab, der die Anfänge des Rogner Bad Blumau prägte. Nachdem man auch hier - in 3.000 Metern Tiefe - auf 100 °C heißes Wasser gestoßen war, verschloss man die Quelle erst einmal wieder. Jahre später aber trat die Gemeinde, insbesondere der Gemeindesekretär Karl Semmler, an den Baumeister Robert Rogner heran. Dieser brachte das eruptive Wasser wieder zum Fließen und hatte das Feriendorf bereits bis ins Detail geplant, als er im Jänner 1992 in Wien auf den Künstler Friedensreich Hundertwasser traf - und ihn für eine Zusammenarbeit gewann. 1997 wurde das Bad (plus Hotel) auf einem 40 Hektar großen "Hügelwiesenland" eröffnet, das Rogner 25 Landwirten abgekauft hatte. Es hat begrünte Dächer, runde Formen, bunte Fassaden und goldene Kuppeln. Keines der mehr als 2.400 Fenster gleicht dem anderen. Hier war eine visionäre Kraft am Werk, die uns noch heute ins Staunen bringt.
Tipp: Das Rogner Bad Blumau blickt auf eine bewegte Geschichte zurück. Eine chronologische Auflistung der Meilensteine des Weltunikats sind unter entdeckungsreise.blumau.com zusammenfefasst.
Wie's weitergeht? Ein Sprung ins Ungewisse ...
Wie es aufgrund der aktuellen Situation weitergehen wird, kann aktuell noch niemand sagen. Aber wie man sieht sind die Thermen im Thermen- und Vulkanland Steiermark im Laufe der letzten Jahrzehnte mit vielen Krisen fertig geworden und auch jetzt versuchen sie im Lockdown in Chancen zu denken. So wurde die Zeit genutzt, in Infrastruktur und die fortschreitende Digitalisierung zu investieren.