„Da gehst du ganz anders durch die Natur“: Mit Krippenbaumeisterin Elisabeth Schupfer bei der Arbeit

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„Egal wie viel Platz man hat, es ist immer zu wenig“, lacht Elisabeth „Liesi“ Schupfer, während sie durch ihre kleine feine Werkstatt in Strassen/Bad Aussee führt. Einst als herkömmliche Werkstatt gedacht, baut die Ausseerin dort nun ihre Krippen und hält jedes Jahr Krippenbaukurse. „Meistens sind wir so acht bis neun Leute im Kurs“, erzählt die Krippenbaumeisterin.
Heimatlich oder Orientalisch?

Seit dem Jahr 2004, als sie ihre Mutter und ihre Schwester in Bad Goisern besuchte und das Krippenbauen für sich entdeckte, baut und gestaltet Liesi Krippen aller Art – und davon gibt es reichlich: Zunächst unterscheidet sie zwischen „orientalisch“ und „heimatlich“, und erklärt, dass erstere die christliche Weihnachtsgeschichte in Betlehem darstellen soll. Mit der Zeit adaptierten Schnitzer ihre alpenländische Heimat in die Krippen – so entstanden die „heimatlichen“, wo sich die Heilige Familie meist in einem Stall umgeben von Natur wiederfindet. In ihrer Werkstatt hat die Krippenbaumeisterin alles parat: Wurzelkrippen, Kastenkrippen, Laternenkrippen, Bilderkrippen – das sind Krippen in einer Art Bilderrahmen eingebaut, damit man sie aufhängen kann – und sogar Diorama-Krippen. Diorama bezeichnet eine besondere Bauart, bei der eine Szene in einen Schaukasten gebaut wird. Liesi beschreibt Diorama als „auf Perspektive gebaut“ – Man taucht also richtig in das Bild ein. Dafür malt Liesi auch die Hintergrundbilder selbst, etwa den Loser.

„Kante nehmen nicht vergessen“

Liesi hält seit 2007 auch Krippenbaukurse. Dabei können die Teilnehmerinnen entweder selbst eine Krippe bauen, oder die Gruppe arbeitet gemeinsam an einer Krippe. Insgesamt zwei Monate dauert ein Kurs bei ihr, in der Regel wird zweimal die Woche drei bis vier Stunden am Abend gearbeitet. „Alles beginnt mit der Grundplatte“, beschreibt die Ausseerin. Danach wird eine Weichfaserplatte zugeschnitten: Dafür wird der „Krippenmeter“ genommen, also genaue Maße, die eine Krippe braucht. Liesi erklärt: „Da gibt es genaue Angaben, für welche Größe von Figuren die Fenster und Türen ausgeschnitten werden müssen“. Anschließend verputzen und verschlagen die Krippenbauer diese. Die Dächer der Häuser und Ställe fertigen die Teilnehmer ebenfalls selbst in Feinarbeit an: So werden dafür etwa eigene Holzscheitel richtig zugeschnitten. „Das Allerwichtigste dabei ist das ‚Kante nehmen‘“, lacht Liesi, als sie mit Teilnehmerin Barbara darüber spricht. Es handelt sich stets um Naturholz, daher sei das ‚Kante nehmen‘, also der Feinschliff für die Ecken und Kanten des Holzes, essentiell. Als Liesi die Arbeiten an einer Krippe herzeigt und beschreibt, lacht sie wieder auf: „Das sind Eisstäbchen“, und deutet auf ein kleines Vordach einer orientalischen Krippe. Aus Lärchenrinde basteln sie etwa Ziegel für Dächer.

Es ist Zeit für Gloria!

Der Krippenbaukurs ist bereits in vollem Gange, als es pünktlich um neun Uhr heißt: „Zeit für die Gloria!“ Bei dieser Tradition, erklären die Kursteilnehmerinnen, werde um neun Uhr eine Pause gemacht und mit einem klaren Schnaps auf den Abend angestoßen. Die Sache ist aber die: Stoßt man mit einem ‚Prost‘ anstelle von ‚Gloria‘ an, so muss man in der darauffolgenden Woche eine Flasche Schnaps zum Kurs mitnehmen. So will es der Brauch.

Weiter geht es mit den Krippen: Für die Umgebung und den Krippenberg verwenden die Krippenbauer ausschließlich Naturmaterialien. Liesi betont: „Ich arbeite viel mit Wurzeln und lasse sie dabei immer so, wie sie gewachsen sind“. Das heißt, sie verändert keine Wurzeln und übermalt sie auch nicht. „Wäre ja schade drum, wenn man sie anmalt“, meint die 61-Jährige. Seit sie Krippen baut, gehe sie „ganz anders durch die Natur. Ich sehe jedes Graserl und Moos an und überlege, ob ich es für eine Krippe brauchen kann“, lacht Liesi.

Brunnen, Brücke und Zaun: Symbole in einer Weihnachtskrippe

Bei jeder Krippe gibt es ganz bestimmte Symbole, die dazugehören, erklärt die Ausseerin. Der Brunnen mit Wasser etwa stehe für das Leben an sich und symbolisiere die „Quelle des Lebens“. Eine Brücke auf der Krippe soll den Übergang vom Alten auf das Neue Testament – das auf die Geburt Christi aufbaut – darstellen. Die Heilige Familie ist meist von einem Zaun umgeben, der für Schutz und Sicherheit stehen soll. Überlieferungen zufolge markiere er auch die Grenze zwischen Göttlichem und Irdischem, also zwischen Himmel und Erde.

Mit viel Liebe und Feingefühl gestaltet Liesi die Krippenfiguren, die sie meist auch selbst „anzieht“. Freilich können Figuren auch fix fertig gekauft werden, aber eben auch nur die Holzgestelle mit Kopf und Armen, so können sie mit Stoffen selbst bekleidet werden. In der Weihnachtskrippe hat jede Figur ihren fixen Platz, so Liesi: „Maria steht immer links, sie symbolisiert das Christentum. Rechts daneben steht Josef, er steht für das Judentum“. In der Mitte ist die Futterkrippe mit Heu platziert, in die Jesus gelegt wird. Hinter dem Heiligen Paar stehen noch Ochs und Esel.

Bevor die Figuren in der Krippe aufgestellt werden, müssen Krippenbauer die „Krippe fassen“, so Liesi. Das heißt, dass die Umgebung der Krippe bemalt wird. Um einzelne Szenerien dafür zu formen, verwende sie Krippenmörtel, erklärt die Baumeisterin.  

Krippenausstellung im Feuerwehrdepot Strassen

Jedes Jahr organisiert Liesi einen Weihnachtsbasar im Feuerwehrdepot Straßen, bei dem die gebauten Krippen ausgestellt werden. Heuer findet die Krippenausstellung von Freitag, 6., bis Sonntag, 8. Dezember statt, Liesi feiert ihr 20-jähriges Jubiläum als Krippenbauerin. Neben der Ausstellung von Krippen werden auch Lose verkauft: Es gibt nämlich immer eine Krippe zu gewinnen. Den Erlös spenden die Krippenbauer jedes Jahr an die Region – dorthin, „wo es gerade dringend gebraucht wird“, sagt Liesi.

Das Haus und die Werkstatt von Liesi sind voll mit Krippen und Zubehör. Auf Anfrage baut sie auch für Interessenten welche, die meisten behält sie aber für sich. „Das Besondere am Krippenbauen ist, dass ich meiner Kreativität freien Lauf lassen und jede Krippe so gestalten kann, wie ich möchte“, betont sie strahlend. Auch dieses Jahr baut sie wieder selbst eine: „Ich kann einfach nicht anders“, meint sie lachend.