

Im Fasching ziehen die Trommelweiber durch das Ausseerland
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- Erlebnis, Tradition & Brauchtum
Andreas Winkler: "Die Frauen trommelten ihre Männer heim"
„Die Männer haben irgendwann den Spieß umgedreht und parodierten ihre Frauen im Fasching“, erzählt Andreas Winkler, Obertrommelweib der Bürgertrommelweiber. Bereits seit mehr als 250 Jahren ziehen die Bürgertrommelweiber am Faschingsmontag durch den Bad Ausseer Markt. Laut Überlieferung entstanden die Trommelweiber durch die Tatsache, dass „die Männer früher gerne im Wirtshaus waren und nicht heimgehen wollten, weshalb die Frauen in ihren Nachtgewändern mit Topfdeckeln ausrückten und ihre Männer heimtrommelten“, lacht Andreas.
Die wohl bekannteste Eigenschaft der Trommelweiber ist, dass (fast) ausschließlich Männer mitgehen dürfen. In langen weißen Nachtgewändern und mit einer Frauenmaske bekleidet, ziehen die Trommelweiber begleitet von Musikkapellen durch den jeweiligen Ort und feiern den Fasching. Im Ausseerland gibt es vier große Gruppen von Trommelweibern: Die Bürger- und die Arbeitertrommelweiber, die Altausseer und die Grundlseer Trommelweiber. In den Bad Ausseer Ortsteilen haben sich auch noch kleinere Gruppen zusammengefunden, in diesem Artikel sollen aber die „Hauptgruppen“ näher betrachtet werden.
Wie der Name schon sagt, entstanden die Bürgertrommelweiber im Jahr 1767 aus der bürgerlichen Gesellschaftsschicht, also Kaufleute und Unternehmer aus Bad Aussee. Die Aufnahmekriterien sind bis heute eher streng, erklärt Andreas: „Du musst in Bad Aussee verwurzelt sein, einen Beruf haben – also dein eigenes Geld verdienen – und das Bundesheer abgeleistet haben“. Jedes Jahr gibt es neue Bewerber, um bei den Trommelweibern mitgehen zu dürfen – Nachwuchsproblem gibt es also keines.
Die Aufnahmerituale der Trommelweiber haben es in sich: bei den Bürgertrommelweibern etwa ist es so, dass die Novizinnen – also die Neuen – am frühen Nachmittag zunächst einen Eid aufsagen müssen. Dann essen sie eine Pfefferoni und trinken einen viertel Liter Schnaps dazu – freilich auf ex, also in einem Zug. Danach wird eine Zigarre geraucht und abschließend ein Luftballon aufgeblasen. „Früher mussten sie ein Seiterl Schnaps trinken, aber da ist mal jemand umgefallen“, erzählt Andreas lachend. Insgesamt zählen die Bürgertrommelweiber etwa 90 Mitglieder im Moment – dazu zählen auch die Musikanten, die keine Aufnahmeprüfung leisten müssen. Das ist übrigens bei allen Trommelweibergruppen so.
Strikte Trennung zwischen den Arbeitern und den Bürgerlichen
Nachdem früher die Trennung zwischen Bürgerlichen und Arbeitern sehr strikt war, bildete im Jahr 1928 die Arbeiterschicht ihre eigene Gruppierung: Die Arbeitertrommelweiber, hauptsächlich bestehend aus Salinenmitarbeiter und Holzknechten. Auch heute ziehen die Arbeitertrommelweiber im Fasching durch den Markt – jedoch im Gegensatz zu allen anderen Gruppen erst am Faschingsdienstag. Die Aufnahmekriterien sind hier etwas lockerer, lebt das Obertrommelweib Hannes Viertbauer doch seit dem Jahr 2000 in Ebensee mit seiner Familie. „Da kann ich nicht sagen, man muss in Bad Aussee ansässig sein“, lacht der 45-Jährige. Auch der Beruf spielt keine so große Rolle mehr, das wichtigste ist, dass der Anwärter „gut in die Gruppe passt“.
Als Nachfolger seines Vaters Vik Viertbauer, der 30 Jahre lang als Obertrommelweib fungierte, setzt Hannes die Traditionen der Arbeitertrommelweiber fort. Immer am Faschingsdienstag ziehen sie vom Bahnhof Unterkainisch in den Bad Ausseer Markt und lassen sich von den Faschingsfans feiern. „Die Leute am Weg schenken uns oft Wein und hängen Beugerl (Anm. traditionelles Gebäck zur Faschings- und Fastenzeit) auf uns“, sagt Hannes. Für ihn ist der Fasching etwas ganz Besonderes, bei dem Traditionen fortgeführt werden und die gemeinsame Freude, Spaß und Harmonie im Vordergrund stehen.
Aufnahmerituale zwischen Ekel und Heiterkeit
Auch bei den Arbeitertrommelweibern müssen die Neuen ein Aufnahmeritual durchmachen: Immer am Faschingsdienstag um 15 Uhr findet die Aufnahmeprozession beim Hotel Erzherzog Johann statt, die Öffentlichkeit kann dabei zusehen. Zunächst müssen die Bewerber einen Luftballon aufblasen. Danach gibt es einen Krapfen zu Essen – aber Achtung, dieser ist gefüllt mit Senf, Ketchup und Pfefferoni. Zum nachspülen folgt ein Seiterl Bier vermischt mit einem vierfachen Schnaps. Ein Seiterl Milch und zuletzt ein Seiterl Bier runden das Ritual ab – und schlussendlich wird der Eid auf die Fahne geschworen. Zwischenfälle habe es bisher keine gegeben, versichert Hannes. „Wir wollen alle lustig sein, es ist ja Fasching“.
Dem stimmt auch Rudi Gasperl zu, Obertrommelweib der Grundlseer Gruppe. Der 59-Jährige ist gleichzeitig Kapellmeister und führt die Grundlseer Trommelweiber seit 2009 an. Auch ihr Aufnahmeritual gestaltet sich lustig: Der Bewerber liegt am Boden und bekommt vom Obertrommelweib durch einen Schlauch einen Liter Bier und einen doppelten Schnaps eingeflößt. „Danach muss er den Eid nachsprechen“, lacht Rudi. Er führt die Grundlseer Trommelweiber heuer zum letzten Mal an: „Für mich war immer klar, wenn ich 60 werde ist die nachfolgende Generation dran“. Nachdem es dieses Jahr keine Aufnahmen gibt, feiern die Trommelweiber die Übergabe an Nachfolger Josi Wimmer und sein Team beim Seehotel Grundlsee ausgelassen.
In Altaussee trommeln tatsächlich die Frauen
Eine ganz eigene Besonderheit sind die Altausseer Trommelweiber, denn: Hier gehen ausschließlich Frauen mit. Nur bei den Musikanten sind auch Männer dabei. „Weil nach dem Krieg so wenige Männer hier waren, beschlossen die Frauen, als Trommelweiber zu gehen“, erzählt Martina Gaisberger, die seit 2016 Obertrommelweib der Altausseer Gruppe ist. Das wichtigste Kriterium für eine Aufnahme: Die Bewerberin muss ihren Hauptwohnsitz in Altaussee haben, denn „die Geschichte soll so weitergehen wie bisher“. Insgesamt zählen die Altausseer Trommelweiber im Moment etwa 80 Mitglieder, die am Faschingsmontag durch den Ort ziehen. Musikalisch begleitet sie die Salinenmusikkapelle. Eine Altausseer Besonderheit: Bei einem Stopp im Altausseer Kurpark übergibt der Bürgermeister einen symbolischen Schlüssel an das Obertrommelweib, was heißt, dass „er das Regiment bis zum Aschermittwoch an die Trommelweiber übergibt“, schmunzelt Martina.
Den Ausseer Fasching muss man einmal erlebt haben! Besuche eine der zahlreichen Faschingsveranstaltungen im Ausseerland.