Heinz Reitbauer | © STG | Jesse Streibl Heinz Reitbauer | © STG | Jesse Streibl
💚-Botschafter

Heinz Reitbauer

Keiner in Österreich kocht wie er und weltweit auch nur 12 andere ein bissl besser. Sagt zumindest der Guide „50 Best Restaurants of the World“. Heinz Reitbauer, Patron des „Steirerecks“ im Wiener Stadtpark und am Pogusch in der Hochsteiermark, ist Inbegriff der neuen Küche. Im „Botschafter“-Gespräch erläutert der Küchenkünstler den Wert konsequenter Produkt-Regionalität und erzählt von seiner Liebe zur steirischen Heimat.

Bei aller Bescheidenheit, Sie sind der große Mann der österreichischen Küche, die unangefochtene Nummer 1. Wie lebt es sich damit, wie groß ist der Druck, sich jeden Tag neu beweisen zu müssen?

Ich bemühe mich immer, das mit einer respektvollen Distanz zu sehen und meinem Team und mir das alles nicht zu nahe kommen zu lassen. Die vielleicht größte tägliche Herausforderung für uns ist dabei, die Motivation zu finden für das Neue, für das Morgen und hier diesen Geist zu wecken in unserem Team. Und dem ist alles andere eigentlich ein bisschen unterzuordnen.

Was braucht man neben Forschergeist, Ideenreichtum und Präzision noch, um in den Kocholymp aufzusteigen?

Man braucht vor allem eine Wertschätzung für Lebensmittel. Man braucht eine Konsequenz, eine Leidenschaft und vor allem ein großartiges Team.

Zwei Michelin-Sterne, seit Jahren 5 Gault-Millau-Hauben, in der Liste der 50 besten Restaurants der Welt zuletzt auf Platz 13. Wie gehen Sie mit solchen Auszeichnungen um?

Respektvoll, demütig – und wissend, dass das nur gemeinsam möglich ist.

Wie gelingt der Spagat zwischen Tradition und internationaler zeitgenössischer Küche?

Ich glaube, wir sind immer unseren eigenen Weg gegangen. Und diese Konsequenz, diesen Weg so zu beschreiten, zeichnet vielleicht unser Haus aus.

Sie verstehen sich, haben wir in einem Interview gelesen, als „kulinarischer Forscher“. Was dürfen wir darunter verstehen?

Ich denke, wir Köche haben die Möglichkeit, den Menschen Produkte und die Vielfalt unseres Landes wieder näherzubringen und sie auf gewisse Dinge hinzuweisen, die sie vielleicht einmal früher erlebt und gegessen haben. Und ihnen diese Geschmäcker wieder in Erinnerung zu rufen.

Gibt es eigentlich Produkte, die Sie in Ihrer Küche nicht verwenden?

Natürlich. All die Lebensmittel, die für uns nicht ehrlich, nicht nachhaltig erzeugt wurden und nicht unserem Qualitätsstandard entsprechen, sind für uns ein „No-Go“.

Wer und was hat Sie am stärksten geprägt?

Wahrscheinlich die Natur in all ihren Facetten.

Es ehrt die Steiermark, dass beide Lokale „Steirer“ im Wortlaut haben. Steirereck im Wiener Stadtpark, Steirereck am Pogusch. Wie tief sind eigentlich ihre steirischen Wurzeln?

Die Steiermark ist Heimat.

Es gibt kaum einen Künstler oder Wirtschaftskapitän, der, wenn wir nach dem Lieblingslokal fragen, nicht den Pogusch nennt. Dabei ist es ja doch relativ mühsam, dorthin in die Einschicht zu kommen. Was ist das Geheimnis?

Es ist sicherlich der Ort, die Menschen und ihre Gastlichkeit.

Sie haben mit dem Umbau des Wirtshauses am Pogusch ein gastronomisches Gesamtkunstwerk geschaffen und nicht nur österreichweit eine Benchmark gesetzt. Das Projekt trägt bis ins letzte Detail die Handschrift der Reitbauers. Ein Lebenswerk?

Lebenswerk ist wahrscheinlich ein bisschen die Vergangenheit, der Pogusch ist vielleicht die Zukunft.

Wenn Sie nicht grad am Pogusch sind: Wo lassen Sie sich in der Steiermark gerne bewirten?

In der Süd- und Südoststeiermark, weil dort für uns Kulinarik und Wein eine wunderbare Verbindung eingehen. Es gibt dort viele tolle Häuser, aber die „Weinbank“ ist zum Beispiel einer unserer liebsten Plätze in der Steiermark.

Was haben Sie von ihrem Vater, dem Pionier der österreichischen Kulinarik und Gastlichkeit, alles gelernt?

Mein Vater war eine prägende Person in unserer Familie und er hat natürlich auch mich sehr geprägt. Vielleicht, dass man konsequent seinen eigenen Weg verfolgen muss.

Gibt es einen persönlichen Favoriten unter den Produkten aus der Steiermark?

Ich glaube, die Steiermark ist ein Land, das außergewöhnliche Produkte hat. Die steirische Küche ist sehr produktbezogen. Sie ist einzigartig, authentisch, regional. All das macht die Besonderheit der steirischen Kulinarik aus.

Heinz Reitbauer | © STG | Jesse Streibl
Heinz Reitbauer | © STG | Jesse Streibl
Heinz Reitbauer | © STG | Jesse Streibl
„Die Steiermark ist das kulinarische Herz Österreichs“

Wie definieren Sie die steirische Küche?

Für mich ist sie sehr stark auf das Produkt fokussiert. Sie hat regionale Wurzeln, sie wird authentisch gelebt und umgesetzt. Man findet sie immer wieder. Für mich ist sie auch ein bisschen einzigartig.

Wenn Sie Freunde bitten, ihre fünf steirischen Highlights zu nennen. Was wären die?

Ich glaube, man muss den Hochschwab gesehen haben. Bei uns in der Gegend sind natürlich auch die obersteirischen Almen ein Muss - die Faszination natürlich, die davon ausgeht. Das steirische Himmelreich, weil es so nah bei uns ist. Mariazell und wie gesagt die Süd- und Südoststeiermark.

Eine unserer Lieblingsfragen, die wir allen Interviewpartnern stellen. Wie würden Sie einem Blinden die Steiermark beschreiben.

Sie ist das kulinarische Herz Österreichs. Dort wo sich ganz viele Dinge treffen und sich vereinen. Da wo Gastlichkeit wirklich im Herzen des Landes verankert ist.

Die berühmte Einsame-Insel-Frage: Welche drei (Über)-Lebensmittel aus der Steiermark würden Sie dahin mitnehmen?

Also definitiv steirischen Wein und steirisches Kernöl. Die Steiermark hat natürlich sehr viele Dinge, aber vielleicht sind ja manchmal zwei auch genug. Und vielleicht reicht auch weniger zum Glück.

Was ist Ihr persönliches Lieblingsgericht?

Diese Frage wurde mir oft gestellt. Ich kann das wirklich nicht festmachen. Aber was es ganz sicherlich ist, ist die Vorfreude auf die Geschmäcker der kommenden Saison.

Rückblickend sieht man vieles aus einer anderen Perspektive. Gibt es etwas, das Sie heute anders machen würden als früher?

Ich glaube, wir haben immer das Glück gehabt, unsere Vorstellung von Gastlichkeit und Kulinarik zu leben. In unserer schnelllebigen Zeit gibt es natürlich täglich wahnsinnig viele Herausforderungen. In der Summe hätte ich vielleicht gerne versucht, ein paar mehr Menschen mitzunehmen auf diesem Weg. Aber eigentlich sind wir sehr im Einklang mit dem, was wir tun.

Welche Rolle spielt das Thema Nachhaltigkeit in Ihren Betrieben und ganz generell in Ihrem Leben?

Wir setzen uns seit vielen Jahren mit diesem Thema auseinander. Weil unsere Küche darauf basiert. Wir versuchen einfach, dieses Land in seinem schönsten Licht zu zeigen und immer die Sichtweise der Produzenten mit zu betrachten. Es ist uns sehr wichtig, dass wir ein Verständnis und eine Wertschätzung für die Produkte aufbauen können. Nur so gelingt es uns als Team, diese Art der Küche zu leben.

Was würden Sie in der Branche gerne ändern, wenn Sie könnten?

Im Moment ist die größte Herausforderung in unserer Brache, dass wir die nächste Generation davon überzeugen können, was wir tun und wie wir es tun. Dazu muss man wahrscheinlich die Lehrmodelle überdenken. Wir müssen in Zukunft überlegen, ob die klassische Lehre noch die letzte Weisheit ist. Gibt es nicht Möglichkeiten einer begleitenden Bildung während des Arbeitsprozesses? Gibt es vielleicht eine Kombination von verschiedenen Lehren? Ich glaube, das Allerwichtigste ist es, dass wir als Gesellschaft verstehen, dass die Welt nicht nur von Montag bis Freitag tickt, sondern dass es eine Sieben-Tage-Woche gibt und wir alle mehr Lebensfreude empfangen könnten, wenn wir diese Tagesrandzeiten ein bisschen mehr in den Mittelpunkt stellen und den Menschen, die da arbeiten, mehr Wertschätzung entgegenbringen.

Wie ist Ihr Blick auf die Steiermark - nicht nur kulinarisch. Ist das Land auf einem guten Weg?

Ich glaube, die Steiermark ist ein unglaublich innovatives Land, das von kreativem Unternehmertum geprägt ist. Es gibt hier eine wunderschöne Natur und Menschen, die mit Herz dieses Land bereichern, leben. Vielleicht täte es uns als gesamtes Land - nicht nur der Steiermark - gut, wenn Querdenken, Innovation und neue Wege noch ein bisschen stärker unterstützt würden. Und wir als Gesellschaft versuchen, uns dem Neuen nicht immer nur traditionell zu verschließen.

Heinz Reitbauer | © STG | Jesse Streibl
Heinz Reitbauer | © STG | Jesse Streibl

Wordrap

Täglich aus sich selbst das Beste zu holen.

Immer und überall zu finden.

Leidenschaft.

Manchmal zu viel von anderen zu verlangen.

Nein, aber viele Menschen, die mich geprägt haben.

Die Natur.

Wahrscheinlich die Geschmäcker in der Saison.

Michel Bras.

Jazz, Klassik und Prince.

Manchmal zu viel.

Das kulinarische Herz.

ALLE HERZBOTSCHAFTER AUF EINEN BLICK

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