Christina Wilfinger | © STG | /Press/MediaCopyright/STG Christina Wilfinger | © STG | /Press/MediaCopyright/STG
💚-Botschafterin

Christina Wilfinger

Christina Wilfinger ist Österreich-Geschäftsführerin des internationalen Tech-Konzerns SAP. Im oststeirischen Pöllau aufgewachsen, absolvierte die Herzbotschafterin ein Studium für Wirtschaftsingenieurwesen an der TU Wien. Wir sprachen mit der Top-Managerin über Führungsqualitäten, ihre Liebe zur Musik und ihre alte Heimat.

Es heißt, es hätte Sie als hochbegabte Pianistin und Saxofonistin beinahe in die Musikbranche verschlagen. Was gab den Ausschlag für die Technologie?

Ob es wirklich die Hochbegabung war, das kann ich nicht so beurteilen. Aber ich glaube, Technik und Musik sind unglaublich verbindende Elemente und das hat mich seit frühester Kindheit begleitet. Ich habe mit fünf Jahren mit dem Klavier begonnen. Rechte, linke Gehirnhälfte, Noten-, Bass- und Violinschlüssel lesen, Notenlehre – das hat sehr viel mit Mathematik zu tun. Und die Begabung in der Mathematik hat sich sehr früh herausgestellt. Die Musik wird immer in meinem Herzen bleiben, aber ich bin schon sehr froh, dass es dann doch die Technik geworden ist.

Als Kind wollten Sie angeblich auch Astronautin werden. Stimmt das?

Das war auch ein Berufswunsch in jungen Jahren. Hat wahrscheinlich mit dem ersten Österreich im All, Franz Viehböck, zu tun. Auch da spiegelt sich die Leidenschaft zur Technik und neue Dinge auszuprobieren, sehr deutlich wider. Das hat sich bei mir schon in der Kindheit ziemlich durchgesetzt.

Ihr Karriereweg ist beeindruckend. Lief immer alles nach Plan?

Definitiv nicht. Egal, wie man jetzt Erfolg oder Karriere definiert, ich kenne kaum Personen, die das wirklich geplant haben. Was sich aber schon durch meinen bisherigen Lebensweg durchzieht, ist eine Zielstrebigkeit und auch der innere Drang, Verantwortung zu übernehmen. Und ich glaube, das hat dann von einem zum nächsten Schritt geführt. Ein bisschen gehört es auch dazu, zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort zu sein.

Als Geschäftsführerin der Softwareschmiede SAP tragen Sie hohe Verantwortung. Vor welchen großen Herausforderungen steht Ihre Branche?

Natürlich geht es sehr stark darum, die richtigen Mitarbeiter zu finden. Nicht nur für uns als der einzige europäische Softwarekonzern in dieser Dimension, sondern insbesondere für unsere Kunden, die sich quer über die Industrien, vor allem aber in den letzten zehn Jahren im Mittelstand wiederfinden. Es geht darum, die richtigen Ressourcen zu erhalten, damit diese auch ihren Digitalisierungsherausforderungen nachkommen können. Wir können die Software dazu liefern, aber am Ende des Tages ist es bei aller KI-Diskussion schon sehr wichtig, die richtigen Ressourcen zu finden. Da geht es nicht nur um die absoluten Techniker, sondern es geht auch darum, dieses technische Verständnis zu haben. Das ist, glaube ich, die große Herausforderung für uns als Konzern, damit wir auch unsere Kunden optimal servicieren können.

Wie ist Österreich generell in der digitalen Transformation unterwegs?

Ich würde einmal sagen, es ist noch deutlich Raum für Verbesserung da. Ich bin aber Grundsatz-Optimistin und sage, es gibt viele, viele hervorragende Initiativen, die auf unterschiedlichsten Ebenen, ob jetzt von Wirtschaftstreibenden, von kleineren Unternehmen, aber auch im Bildungsbereich gestartet worden sind. Nur wir könnten ein bisschen mutiger sein. Und wir könnten uns vor allem ein bisschen am Speed orientieren, denn wir sind einfach zu langsam.

Christina Wilfinger | © STG | /Press/MediaCopyright/STG
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„Glückliche Teilzeit-Steirerin“

Sie stehen einem Unternehmen mit Mitarbeitern aus 27 Nationen vor. Wie würden Sie Ihren Führungsstil bezeichnen?

Es wurde über mich gesagt, dass ich „hart, aber herzlich“ bin. Ich glaube, das trifft es ganz gut.

Am Dach des Firmensitzes in Wien züchtet SAP sogar Bienen. Wohin fließt der Honig?

Wir würden gerne etwas mehr produzieren, aber wir sind schon froh, dass unsere Bienen mit den zwei Stöcken, die wir haben, sehr glücklich sind und ganz brav produzieren. Der Honig ist dann ein nettes Geschenk für Mitarbeiter und Kunden. Wenn man bei uns am Dach ist, vermutet man nicht, dass die Bienen hier so einen großen Lebensraum vorfinden, aber der Wiener Prater ist nicht weit weg. Dort haben sie sehr viele Grünflächen und eine große Vielfalt – und deshalb wachsen und gedeihen sie ganz gut. Wenn wir ein paar Stöcke mehr hätten, würden wir vielleicht sogar für den Verkauf produzieren können.

Frauen in Ihrer Top-Position sind immer noch rar gesät, speziell in Österreich. Warum ist das so?

Meine persönliche Beobachtung zeigt, dass insbesondere der DACH-Raum einen Aufholbedarf hat. Und das nicht nur in Österreich. Gerade wenn wir uns immer mit den viel zitierten nordischen, aber auch mit den osteuropäischen Ländern vergleichen, ist es ein vielschichtiges Thema. Das beginnt bei einer flächendeckenden Kinderbetreuung, da geht es um den gesellschaftlichen Stellenwert. Ist es anerkannt, dass man trotz kleiner Kinder Vollzeit arbeiten geht? Ich denke, hier ist noch ein gesellschaftlicher Ruck notwendig. Da haben wir noch einen Weg vor uns.

Wie leicht oder schwierig ist für Sie der Spagat zwischen Top-Businessfrau und Familie zu bewältigen?

Klar, es ist eine tägliche Herausforderung. Ich habe meine berühmt-berüchtigte „80/20-Regel“. 80 Prozent – man kann sehr viel planen. Ich bin ein sehr analytischer und gut durchgeplanter Mensch – sowohl im Berufs- als auch im Privatleben. Wenn man so möchte Familienmanagement. Und die restlichen 20 Prozent sind Improvisation. Das gehört einfach dazu.

Man kennt Sie als leidenschaftliche Oststeirerin. Ein ewiger Sehnsuchtsort?

Wieder geworden. Ich darf mich jetzt wieder als glückliche Teilzeit-Steirerin betrachten. Wir haben seit einiger Zeit hier in der Oststeiermark, im Pöllauertal, ein Wochenendhaus. Nach der Matura zieht es einen immer in die Ferne, ich glaube, das können einige unterschreiben. Mit fortschreitendem Alter weiß man dann aber die Heimat immer mehr zu schätzen. Der Bezug war immer da, aber natürlich nicht in dieser Intensität. Aber gerade jetzt genieße ich es sehr, die Wochenenden oder wenn längere Urlaube möglich sind, diese jetzt von der Oststeiermark aus zu gestalten.

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Wie würden Sie einem blinden Menschen ihre Heimat erklären?

Das ist nicht ganz einfach. Vielleicht die Kombination aus der sanften Hügellandschaft und sehr viel Grün mit bunten Farben. Ich glaube, das trifft es am besten.

Was macht die Steiermark aus?

Unglaubliche Vielfalt. Nicht nur hier in der Oststeiermark. Auch von der Obersteiermark übers Ennstal in Richtung Grazer Becken, mit der unglaublichen kulturellen Vielfalt bis hinunter ins steirische Weinland. Da könnten wir jetzt wahrscheinlich Stunden damit verbringen, die vielen Beispiele aufzuzählen.

Wohin würden Sie Gäste führen, die noch nie in der Steiermark waren? Was muss man sehen haben?

Es ist extrem schwierig, hier einen Ort oder ein Erlebnis herauszupicken. Ich glaube, ich würde versuchen, die Gäste auf eine 14-tägige Steiermark-Tour mitzunehmen. Also ich würde in der Obersteiermark beginnen und in der Südsteiermark diese Reise mit einem netten Glaserl Sauvignon ausklingen lassen.

Wie sehen Sie die wirtschaftliche Entwicklung der Steiermark, ist das Land technologisch zukunftsfit?

Die steirischen Vorzeigebetriebe, die nicht nur international einen unglaublichen Wettbewerbsvorteil mit sich bringen, kennen wir alle. Sie spiegeln nicht nur die Innovationskraft, sondern auch die unglaubliche Vielfalt in der geistigen Fähigkeit, in den Ausbildungsstätten, den Universitäten und Fachhochschulen wider. Was aber wahrscheinlich noch ein unterschätzter Bereich ist, ist der steirische Mittelstand. Auch hier gibt es ganz viele Unicorns, die international ihresgleichen suchen. Auch hier können wir schon einiges bieten. Wir sind als Wirtschaftsstandort sehr attraktiv.

Worum geht es im Leben?

Am Ende des Lebens sind es Gesundheit, Familie und gute Freunde.

Was haben Sie noch alles vor?

Ich bin jetzt, wenn man so möchte, in der Mitte meines Lebens. Man weiß nie genau, wo einen die Reise hinführt. Aber wenn es Aufgaben gibt, die mit Verantwortung, mit Vielfalt, mit Einfallsreichtum zu tun haben, dann ergibt sich dort sicherlich etwas für mich.

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Wordrap

Meine 80/20-Regel.

Gesundheit, Familie und gute Freunde.

Durchsetzungsfähigkeit.

Dass ich nie ein Auslandssemester gemacht habe.

Unzählige, es ist schwierig, eines herauszuheben.

Ich möchte mich gerne „beamen“ können.

Momentan Wild.

Von Klassik bis Jazz.

„Melody“ von Martin Suter.

Schwierig, aber nachdem die Spargel-Saison bevorsteht, freue ich mich schon sehr darauf.

Ganz klar: Kernöl.

Käferbohnensalat mit Kernöl.

Heimat.

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