Erwin Wurm | © STG | Jesse Streibl Erwin Wurm | © STG | Jesse Streibl
💚-Botschafter

Erwin Wurm

Einer der weltweit erfolgreichsten Gegenwartskünstler ist Steirer. Erwin Wurm, gebürtiger Brucker und Herzbotschafter. Auch wenn der Kunst-Star mittlerweile rund um den Globus daheim ist und die alte Heimat nur mehr aus der Ferne wahrnimmt – es gibt Platzerln, an die er sein Herz verloren hat. Grüner See, Südsteiermark und das Salzkammergut.

Wie fühlt es sich an, einer der erfolgreichsten Gegenwartskünstler der Welt zu sein?

Naja, also ganz gut eigentlich. Es läuft gut, ich bin zufrieden.

Riesengurken, FAT-Cars, geschrumpfte Häuser, oder - inszeniert für die Vogue - Supermodel Claudia Schiffer mit Besenstil - wie reagieren die Leute auf Ihre Kunst?

Die Leute reagieren sehr unterschiedlich. Grundsätzlich muss ich sagen, sehr positiv. Tatsache ist, dass ich auf der ganzen Welt zu Ausstellungen eingeladen werde, nächstes Jahr Israel, Amerika, England, jetzt Korea – überhaupt viel in Asien. Es ist unglaublich schön, dass ich die Möglichkeit habe, mit meinen Skulpturen überall zu sein und dass meine Skulpturen quasi die Welt bereisen und ich darf mitkommen. Wunderbar, was gibt es Schöneres. Also für mich ist es unglaublich toll.

Wie wichtig ist Ihnen Erfolg?

Das Angenehme und Tolle am Erfolg ist, dass ich meine Arbeiten wirklich überall auf der Welt zeigen kann und dass ich von meiner Arbeit gut leben kann. Und dass ich eine Gruppe von Mitarbeitern habe, mit denen ich wirklich viel realisiere. Und dass der ganze Betrieb super läuft. Das ist etwas Herrliches, ein tolles Gefühl.

Apropos Team: Mit offensichtlich einem steirischen Gießer?

Nicht nur der Gießer ist aus der Steiermark, wir haben auch einen Scanner und einen Fräser aus der Steiermark. Diese Firma ist aus der Nähe von Stainz.

Wie viel Idealismus steckt in Erwin Wurm?

Ohne Idealismus geht es überhaupt nicht. Das ist das Wichtigste überhaupt. Wenn man anfängt, sich mit Kunst zu beschäftigen, denkt man nicht einmal annähernd daran, ob man Erfolg damit hat oder ob das anderen gefällt oder ob man vielleicht einmal davon leben kann. Das kommt erst viel, viel später. Am Anfang ist zuerst einmal die Leidenschaft, sich dem Thema hingeben zu dürfen und zu können, dann die Zeit sich nehmen zu dürfen und zu können, um das zu realisieren. Das ist der Anfang, und dann wächst das immer mehr. Man merkt dann plötzlich – hoppala, das kann ich vielleicht ausstellen und das kann ich vielleicht verkaufen und das finden Leute toll – andere finden es weniger toll. Also da ergibt sich so ein großes Konglomerat aus verschiedenen Erlebnissen und Realitäten die wunderbar sind letzten Endes.

Wie läuft so ein typischer Wurm-Tag arbeitstechnisch ab? Wie kann man sich das vorstellen?

Also aufstehen, dann dreimal in der Woche Training. Da kommt einer her, ich habe unten so ein kleines Fitness-Studio. Das ist ganz wichtig. Und dann beginne ich zu arbeiten. Ich arbeite eigentlich wie ein Maurer, Arbeiter oder Handwerker bis zu Mittag, dann eine Stunde Pause und weiter am Nachmittag bis fünf. Also „9 to 5“ – ich brauche diese Regelmäßigkeit, ich brauche die Ruhe. Und ich bin sehr diszipliniert, ich arbeite immer. Und ja, ich genieße es aber auch, für mich ist es eine Freude, es ist das Schönste, wenn ich im Atelier bin und neue Dinge entwickeln kann. Die Alten interessieren mich nimmer, das Neue interessiert mich.

Wie entsteht aus der Idee ein Kunstwerk, wo nehmen Sie die Inspiration her? Donald Duck, haben Sie einmal in einem Interview gesagt, hätte Sie inspiriert – inwiefern?

Erstens einmal ist das ein Comic, der zu meiner Generation passt. Die haben zwar schon früher angefangen, aber in den 50er-Jahren war es so richtig groß und das hat sich dann so weitergezogen. Der Donald Duck, der ewige Loser, der eigentlich nichts erreicht hat, und trotzdem ungeheuer faszinierend und spannend und toll ist – das hat mir eigentlich immer gefallen. Im Gegensatz zu Dagobert Duck, seinem Onkel, der im Geld schwimmt. Also ich fand den Donald immer als den Spannenderen.

Erwin Wurm | © STG | Jesse Streibl
Erwin Wurm | © STG | Jesse Streibl
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„Den Grünen See, die Südsteiermark und das Salzkammergut muss man gesehen haben“

Sie malen auch?

Ich male auch. Ich wollte ursprünglich ja Maler werden. Ich habe an der Akademie versucht, die Aufnahmsprüfung für Malerei zu machen aber da haben sie mich nicht genommen. Aber jetzt male ich seit zwei Jahren. Also ich nenne es nicht Malerei, es heißt flache Skulpturen. Weil meine Skulpturen ja quasi programmatisch aufgebaut sind, ich bearbeite ja den Skulpturenbegriff und untersuche das alles ja schon seit vielen Jahrzehnten. Zweidimensionalität, Haut, Hülle, Form, Masse, Volumen, Zeit – all das. Und plötzlich kam es – in Griechenland war mir fad – da hab ich mir gemeinsam mit einem Freund Leinwände und Hobby-Ölfarben gekauft und ich hab dann zum Malen begonnen. Zuerst aus Freude und dann bin ich so hineingeschlittert. Da kommt sicher noch was.

Sie experimentieren viel, schmeißen Sie auch viel weg, wenn etwas nicht passt?

Ja, das ist wichtig. Ich experimentiere viel. Ich versuche immer wieder, neue Wege zu gehen in meiner Arbeit. Und dann geht einer gut und die anderen gehen nicht gut. Das muss ich dann wieder revidieren, wieder zurücknehmen. Und dann gibt es auch immer wieder Arbeiten, bei denen ich mir vorstelle, dass sie gut werden und ich mir aufzeichne und durchdenke und durchplane und dann werden sie aber nichts. Dann sehe ich sie bzw. mache sie und komme am nächsten Tag wieder und denke mir „Wow, was ist denn da jetzt passiert?“. Und dann werfe ich auch viel weg, ja. Das gehört dazu. Die schlechten sind dann wie Treibholz, die kommen immer wieder zurück zu einem. Die tauchen dann in Aktionen auf oder sonst wo, die kommen immer zurück und das will man ja eigentlich nicht.

Im Grazer Pädak-Archiv sucht man heftig nach frühen Arbeiten des Studenten Erwin Wurm, ist aber nicht fündig geworden. War unter den Professoren vielleicht ein „Wurm-Fan“?

Ich habe dort zwei Professoren gehabt, die mich fasziniert haben. Der eine war der Rudolf Szyszkowitz und der andere war der Harald Wallisch. Die haben mich auch geprägt in gewisser Weise.

Ist Österreich eigentlich der richtige Ort für einen internationalen Künstler oder ist es eher ein Handicap?

Also Handicap ist es keines. Es kommt darauf an, wie die Politik läuft. Als damals die Wenderegierung war, im Jahr 2000 von Schüssel und Haider, habe ich tatsächlich Absagen bekommen aus Kanada und Amerika. Da habe ich mir gedacht, Moment einmal, was habe ich damit zu tun? Was habe ich mit Schüssel und Haider zu tun – genau nix. Aber da gibt es dann so eine Sippenhaftung und da wurden zwei Ausstellungen abgesagt. Und dann war ich in Burma, in Myanmar, wo man sich denkt, das ist wirklich weit weg und nicht so fortgeschritten wie es die restlichen asiatischen Länder es sind. Und da gab es Leute in kleinen Spelunken, die haben gesagt „Austria – Haider – How is Austria, how is it there?“. Da denkst du dir schon, Wow, wie kommt man zu dieser zweifelhaften Ehre, darauf angesprochen zu werden. Österreich ist toll, es gibt tolle Leute hier, es gibt tolle Künstler, Sportler, Wissenschaftler, Theatermacher, Wirtschaftsleute - nur erstaunlicherweise bringt es die Politik nicht so wirklich, also da fehlt es. Keine Ahnung warum, aber irgendwie sehe ich da ein Problem. Aber über die Politik möchte ich jetzt nicht weiterreden.

Man kann getrost sagen, Sie sind ein großer Sohn der Steiermark, geht das Land würdig mit Ihnen um?

Ich habe einmal einen Orden bekommen. Und mit dem neuen Landeshauptmann bin ich in Kontakt, weil er ja zuerst die Kultur geleitet hat bzw. immer noch leitet. Den kenne ich, der war mich auch einmal besuchen. Das ist alles ok, das ist alles gut.

Erwin Wurm | © STG | Jesse Streibl
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Sie leben und arbeiten in einem Schloss in Niederösterreich. Hätte es in Ihrem Geburtsland Steiermark keinen Platz gegeben, an dem Sie gerne gearbeitet hätten?

Schon auch, die Steiermark gefällt mir auch gut. Aber als Künstler musste man damals, als ich hergezogen bin, in Wien sein. Weil die großen Kuratoren, die großen Museumsleute sind alle nach Wien gekommen und haben sich das angeschaut, was hier ist. Das hat sich mittlerweile verändert, jetzt gibt es Internet, soziale Medien usw. Die Leute haben auch ein anderes Reiseverhalten und sehen die Dinge auch anders. Mittlerweile wäre es auch in der Steiermark möglich, aber jetzt bin ich schon so lange hier, ich bin sozialisiert hier. Und hier am Land gibt es natürlich auch viele Künstler.

Wie ist Ihr Blick auf das Kulturgeschehen in der Steiermark? Wie nahmen Sie daran teil?

Ganz ehrlich? Ganz marginal aus der Ferne. Ich nehme aber auch nicht mehr wirklich am  Kulturgeschehen in Wien teil, weil ich bin meistens mit meiner eigenen Arbeit beschäftigt und je älter man wird, umso mehr ist man zurückgezogen. Früher war ich auch in Klubs und bin zu Eröffnungen gegangen, das mache ich alles nicht mehr. Ich schaue mir schon gezielt Ausstellungen an, aber ganz anders als früher. Als ich jung war hat es mich immer interessiert, wo die Alten wie Arnulf Rainer usw. sind – jetzt weiß ich, die sind nicht mehr gekommen, weil es sie nicht mehr so richtig gefreut hat, wohin zu gehen.

Wenn Sie jemand bittet, ihm drei Plätze in der Steiermark zu verraten, die man gesehen haben muss: wie lautet Ihre Empfehlung?

Der Grüne See – den kennen Sie? Die Südsteiermark ganz klar, unglaublich schön. Und natürlich das Salzkammergut.

Gibt es in der Steiermark einen Ort, an dem Sie sich besonders wohl fühlen?

An diesen drei Orten, die ich jetzt genannt habe, fühle ich mich wohl. Ich fühle mich aber auch in Graz-Umgebung, wo meine Eltern das Haus hatten, wohl. Das Elternhaus, das die gebaut haben, ist ja dann mein Narrow-Haus geworden, mein enges Haus, das ich nachgebaut habe.

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Wordrap

Freude.

Familie.

Ungeduldig.

Ungeduld.

Es gibt einige Künstler, die Vorbilder sind, z.B. Picasso.

Geduld.

Japanisch – Sushi.

Unterschiedlich – Klassik, Hip Hop.

Picasso.

Ein grünes Herz – Steiermark.

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