Marion Mitterhammer | © STG | Jesse Streibl Marion Mitterhammer | © STG | Jesse Streibl
💚-Botschafter

Marion Mitterhammer

Marion Mitterhammer zählt zu den bekanntesten Gesichtern der österreichischen Filmszene. Die gebürtige Mürztalerin, die ihre Karriere am Theater begann, zeigt neuerdings auch als Autorin, Regisseurin und Produzentin auf. Wir sprachen mit der Herzbotschafterin auf Malta und in München lebenden Schauspielerin über die Lust an neuen Herausforderungen, ihre Liebe zu Landgasthäusern und warum die Steiermark reif ist für das ganz große Kino.

Sie sind in Bruck geboren und dann als Gasthauskind in Mitterdorf im Mürztal aufgewachsen. Was erinnert Sie noch an Ihre Kindheit?

Jedes Gasthaus, an dem ich vorbeigehe. Für mich ist fast jedes steirische Wirtshaus etwas Besonderes. Ich kann kaum daran vorbeigehen. Das ist einfach meine Kindheit - das Wirtshaus. Das ist das Erste, was mir einfällt. Es war eine üppige Kindheit, es war immer voll und es waren immer viele Leute da. Es gab den Stammtisch und ich bin immer dabeigesessen. Eigentlich ist man davon ausgegangen, dass ich die nächste Wirtin werde. Es ist anders gekommen. Aber ja, eine große Liebe zu steirischen Wirtshäusern.

Wie verwurzelt sind Sie heute noch mit dem Mürztal? Wo oft kommen Sie noch zu Besuch und was unternehmen Sie dann?

Ich komme so oft wie möglich. Meine Mutter lebt ja hier in Bruck an der Mur. Auf dem Weg nach Wien durchs Mürztal sehe ich dann immer das Schild Mitterdorf im Mürztal. Das heißt ja gar nicht mehr so, es haben sich Dinge auch verändert, die Orte heißen mittlerweile anders. Daran kann ich mich schwer gewöhnen. Aber ich habe nach wie vor eine ganz große Sehnsucht. Ich merke das, wenn ich so raufschaue auf die Berge und auf die Wiesen und denke mir, es wäre schön da ein Häusl zu haben. Also ich träume mich irgendwie wieder daher.

Sie haben in Neuberg an der Mürz geheiratet. War es Ihnen wichtig, den Bund der Ehe in Ihrer Heimat zu schließen?

Ja, ich wollte in einem Wirtshäusl heiraten. In einem schönen, alten, originalen Wirtshäusl. Und da war das wunderbar, was wir dort vorgefunden haben. Neuberg hat auch eine besondere Bedeutung in meinem Leben. Abgesehen davon finde ich es wahnsinnig schön. Mein Mann ist ja ein Deutscher und dem hat das auch wahnsinnig gut gefallen. Wir fahren noch immer dorthin.

Sie waren immer viel unterwegs, haben in Italien und Frankreich gelebt und gearbeitet, jetzt haben Sie Wohnsitze auf Malta und in München. Nimmt man da noch wahr, was in der Steiermark so alles passiert und wie sich das Land entwickelt?

Auf jeden Fall. Also ich sage Ihnen, ich schau mir jeden Tag die steirische Zeitung im Netz an. Natürlich lese ich und interessiere mich. Ich nehme großen Anteil, ich weiß vielleicht sogar mehr als ihr, weil ich von außen immer sehr gut beobachte. Das ist jetzt eine Unterstellung. Aber was wirklich ist, das ist ein typischer Charakterzug von mir, ich habe immer gerne beobachtet und zugehört. Politik hat mich immer interessiert, aber nur als Beobachterin. Also ich finde das wirklich sehr aufregend und spannend, manchmal sehr ärgerlich - sehr oft sehr ärgerlich. Aber ich nehme wirklich Anteil aus der Ferne.

Sie haben vor langer Zeit in einem Interview von der Obersteiermark geschwärmt, weil sie eine raue, klare Landschaft und noch keine vom Tourismus verdorbene Region ist. Gilt das noch?

Das habe ich vor einigen Jahren gesagt, als ich geheiratet und die erste Reise mit meinem Mann durch die Steiermark gemacht habe. Das war wieder interessant, weil der Blick von außen ist ja immer etwas Besonderes. Und da haben wir damals festgestellt, dass uns besonders die Obersteiermark, jetzt Hochsteiermark, angesprochen hat in ihrer Rauheit und Klarheit. Und ich es nach wie vor sehr schön finde. Ja, finde ich spannend, kann man vielleicht auch optisch ganz toll in Szene setzen.

Marion Mitterhammer | © STG | Jesse Streibl
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„Ich erinnere mich an den Geruch von steirischem Backhendl“

Wann haben Sie denn zum letzten Mal das Dirndl-Kleid getragen?

Im letzten Jahr, ich war beim „Aufsteirern“ eingeladen. Und da ist es ja Pflicht, dass man ein Dirndl trägt. Ich hatte da das Glück, ausgestattet zu werden, das hat mir Spaß gemacht. Aber ich habe sehr selten die Gelegenheit, ein Dirndl zu tragen. In Deutschland oder Malta wäre das doch ein bisschen overdressed. Aber es ist schön. Ein Dirndl ist für mich immer ein bisschen Verkleidung.

Wir wäre es mit einem Filmprojekt im Mürztal?

Ja, wie wäre es überhaupt mit einem Filmprojekt? Ich habe ja gerade eines fertig gedreht und das war sehr mühsam und hat sehr viele Jahre gedauert. Vom Anfang bis zum Ende. Man reift ja auch, wenn man so ein großes Projekt hat und dann erfolgreich abschließt. Aber das Mürztal wäre auch ziemlich spannend. Konkretes habe ich fürs Mürztal jetzt aber noch nicht.

Ihre Filmografie ist beeindruckend, es sieht so aus, als hätten Sie in den letzten drei Jahrzehnten ohne Pause gedreht. Was treibt Sie an?

Mich treibt an, dass ich extrem neugierig bin und dass ich einfach noch nicht das erfahren habe, wovon ich einmal ausgegangen bin, dass ich das als Schauspielerin erleben darf. Also ich bin noch nicht dahin gekommen, dass ich sage, das ist jetzt die Rolle oder das Projekt, das ich mir selbst schuldig bin. Das ist das, was mich so herausfordert. Es waren zum Teil sehr schöne Sachen, aber ich habe auch sehr viel Schrott gemacht, in meinem Leben. Muss man ja machen, man muss ja die Miete zahlen. Aber für die nächsten Jahre nehme ich mir vor, dass ich schon auch Dinge machen kann und darf, die auch mit mir etwas zu tun haben und die mich fordern. Aber das ist ein Antrieb, dass der Moment einfach noch nicht gekommen ist, der bedeutet „Das ist es jetzt“. Das finde ich ja spannend, weil wenn es so ist, dann kann man ja abtreten. Also ich setze mir gerne Ziele und habe extreme Vorstellungen und Fantasien und gebe halt auch irgendwie nicht auf.

Welche Rolle hat Sie am stärksten gefordert und an die Grenzen gebracht? Und welche würden Sie als Ihre bisher beste bezeichnen?

Das ist schwer zu sagen. Sicher an meine Grenzen gebracht hat mich die Mehrfachrolle als Produzentin, Co-Regie, Co-Autorin und Darstellerin für „Taktik“. Es war hochgradig interessant und fordernd, einmal zu erleben, was es heißt, ein Projekt auf die Beine zu stellen. Zehn Jahre fokussiert daran zu arbeiten hat mich sicherlich auch manchmal schlaflose Nächte gekostet. Aber ich habe viele neue Freunde kennengelernt und weiß jetzt sicher ein bisschen mehr über den Beruf und die Zusammenhänge. Ich weiß aber auch ganz genau, was ich sicher nicht wieder will.

Das „Taktik“-Projekt hat ja zehn Jahre lang gedauert. Gab es da auch die Angst zu scheitern?

Immer, jeden Tag. Die Angst zu scheitern ist auch etwas, was ich erfahren habe. Es ist ja dann auch eine Art Motor. Scheitern, das will man nicht, also gibt es da nur die Alternative durchzuhalten. Für mich jedenfalls. Aber viele schlaflose Nächte, Tränen, Unsicherheiten – aber auch das Gegenteil, dann als der Film fertig war und wir die Möglichkeit hatten, den Film zu verkaufen, und wunderbare Kritiken bekommen haben. Die Wertschätzung, da zeigt sich dann wieder, dass es sich auszahlt.

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Sie sind für Ihr Schaffen immer wieder gewürdigt worden. Diagonale Spezialpreis, österreichischer Filmpreis, Josef-Krainer-Preis. Was bedeuten Ihnen die Auszeichnungen?

Also, ganz ehrlich. Es freut mich natürlich sehr, wenn man intensiv arbeitet und es wird bemerkt. Und eine Jury sagt, das ist preiswürdig. Man wird dann wertgeschätzt. Das ist schon etwas sehr Schönes und Berührendes. Das sind dann so Momente, die man nicht vergisst und die zu einer Biographie gehören. Ich glaube aber mindestens genauso wichtig und schön ist es, sich davon unabhängig zu machen. Man spürt eh selbst, wenn es funktioniert und wenn es gut geworden ist. Ich habe einmal einen Preis für eine Rolle gekriegt, das kann ich jetzt hier verraten, da war ich ganz unglücklich. Also sowas habe ich ja noch nie gemacht. Und dann habe ich mir gedacht, interessant, wie man selber die Dinge sieht und wie sie von außen wahrgenommen werden. Ich habe das nie erzählt, aber eigentlich war ich sehr überrascht, dass ich dafür einen Preis gekriegt habe.

Sind Serien-Engagements, da haben Sie ja auch viel gespielt, ein gutes Geschäft für SchauspielerInnen?

Ja natürlich, das ist ein sicheres Einkommen. Es ist natürlich sehr erholsam und erleichternd, wenn du weißt, dass im nächsten Monat wieder die Miete kommt. Aber auch da muss ich sagen, ich versuche mich wirklich frei  zu machen und keine Angst zu haben. Ich versuche, Projekte zu haben und Mitstreiter zu finden. Und das möchte ich hier einmal loswerden. Da hat es mir die Steiermark sehr leicht gemacht. Also ich hatte diese Idee, in der Steiermark einen Film zu drehen, ein steirisches Thema. Und dabei die steirische Filmwirtschaft miteinzubeziehen. Und es hat mich wahnsinnig gefreut, dass man da nie von oben herab behandelt wurde, sondern die Idee toll fand und auch geholfen und gefördert hat. Wertschätzend und liebevoll, es ist mir ein Bedürfnis, das hier zu sagen.

Sie arbeiten sehr viel im Film, kommen aber vom Theater. Gibt es noch Sehnsucht dorthin?

Also Sehnsucht habe ich immer. Nicht nur nach dem Beruf und nach dem Theater. Aber was ich gerne einmal machen würde – und ich habe schon mal meine Fühler dorthin ausgestreckt – ich möchte gerne einmal einen richtig interessanten Solo-Abend machen. Weil das ist wirklich die ganz hohe Schule. Aber es eilt nicht, ich habe hoffentlich noch ein bisschen Zeit. Ich habe ein paar Themen und würde gerne einmal einen Solo-Abend machen. Kein Kabarett, weil das kann ich nicht, aber ein schönes Stück.

Was bringt die Zukunft für Sie?

Ich weiß nicht, wie die Zukunft wird. Aber ich hoffe und wünsche mir, gesund und neugierig zu bleiben. Und auf Menschen zu treffen, die vielleicht meine Ideen nicht schlecht finden und sagen, wir unterstützen, wir fördern, wir machen gemeinsam. Das wäre schön, wenn das in der Steiermark wäre. Ich wäre gerne zuversichtlich, also noch zuversichtlicher, als ich eh schon bin. Ich wünsche mir eine Klarheit und eigentlich finde ich eine bestimmte Bescheidenheit ganz schön. Und trotzdem möchte ich aber fokussiert sein auf das, was wirklich wichtig ist.

Wie würden Sie einem Blinden die Steiermark beschreiben?

Ich würde sagen, dass es manchmal besonders gut riecht in der Steiermark. Also ich erinnere mich an den Obstgarten bei meiner Oma. Neben dem Wirtshaus war der. Ich erinnere mich an den Geruch im Frühling, das ist das Erste, was mir einfällt. Und dann der Geruch vom steirischen Backhendl, das riecht doch auch ganz besonders gut. Und auch die Alm hat einen besonderen Geruch.

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Wordrap

Mein Motto ist, ich habe kein Motto.

Gibt es manchmal, wenn ich mit meinen Hunden spazieren gehe und mein Mann Frühstück zubereitet.

Scheuheit.

Scheuheit.

Meine Mutter.

Ich würde gerne 100 Sprachen sprechen.

„Wir haben es nicht gut gemacht“, der Briefwechsel von Ingeborg Bachmann und Max Frisch ist mein Lieblingsbuch.

Caravaggio.

Bach.

Backhendl

Alles.

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