Wie ist Ihr Blick auf die Entwicklung der Steiermark? Wie nehmen Sie das Land wahr?
Ich habe es von Anfang an als unglaublich vielfältig wahrgenommen. Also was das Landschaftliche angeht, die verschiedenen Regionen. Was Lebensqualität und Freizeitgestaltung betrifft, finde ich es ganz toll hier. Dass man schnell richtig in den Bergen ist, finde ich schön. Die Südsteiermark wiederum ist wieder eine ganz andere Landschaft, die habe ich auch sehr gerne. Dann das urbane Graz. Ich mache immer viel Werbung bei meinen Freundinnen und Freunden, und die sind auch immer begeistert. Zur Entwicklung könnte ich jetzt eigentlich gar nichts sagen, dafür war ich vielleicht in den letzten Jahren zu viel unterwegs. Aber mir kommt schon vor, dass vor allem die Südsteiermark in Deutschland zunehmend an Bekanntheit gewinnt. Unter Weinkennern ist die Südsteiermark schon eine Adresse, würde ich sagen.
Fühlen Sie sich gut aufgehoben im Land?
Ja, ich fühle mich sehr wohl.
Sie haben Volkswirtschaftslehre und Journalismus studiert und arbeiteten unter anderem als Redakteurin bei der Financial Times und der Kölner StadtRevue sowie als Nahost-Referentin für die Bundesagentur für Außenwirtschaft. Hat es in dieser Zeit in der Medienbranche einen Job gegeben, der Sie ungeheuer gereizt hätte?
Der Job, den ich zuletzt bei der Kölner StadtRevue hatte, war - kann man fast sagen - mein Traumjob. Auch wenn das jetzt nicht so wahnsinnig renommiert klingt. Das Magazin gibt es seit über 50 Jahren, das letzte Stadtmagazin - glaube ich - das noch wirklich unabhängig ist. Also so ein kleiner, unabhängiger Verlag. Wir hatten alle Freiheiten, es gab keine Hierarchien, keine Chefredaktion. Wir waren sehr frei und konnten alle Geschichten machen, die wir machen wollten. Ich mochte immer Lokaljournalismus, weil man da wirklich vor Ort sein und mit den Leuten reden kann. Kurze Wege, kurzer Draht – man kann sich selbst ein Bild machen.
Was macht denn guten Journalismus aus?
Für mich auf jeden Fall – da bin ich noch so ein bisschen alte Schule – dieses Zitat von Hanns Joachim Friedrichs, dem verstorbenen deutschen Anchorman der ARD: „Distanz halten, sich nicht gemein machen mit einer Sache, auch nicht mit einer guten“. Das heißt auch, im sozialen und gesellschaftlichen Leben nicht zu eng verbandelt zu sein mit Entscheidungsträgern. Was in Österreich natürlich oft schwieriger ist, weil es einfach kleiner ist. Und gute Journalistinnen und Journalisten sollten auch die Fähigkeit besitzen, Interviewpartner mit unangenehmen Fragen zu konfrontieren. Also Dinge zu fragen, die den anderen in eine unangenehme Situation bringen – und das auch auszuhalten. Diese Fähigkeit fehlt mir, daher bin ich auch ausgestiegen.
Schriftstellerisch sind Sie relativ spät in Erscheinung getreten. Was gab den Anstoß, wie beeinflusste Ihre Arbeit als Journalistin Ihr literarisches Schreiben?
Eigentlich wollte ich schon immer Schriftstellerin werden. Und Journalismus war ein bisschen Kompromiss für mich. Ich hatte Respekt davor, mit einem künstlerischen Beruf auf Anhieb Geld verdienen zu müssen. Und als ich Abitur gemacht hatte, gab es noch keine Institute, die das literarische Schreiben gelehrt haben. Das journalistische und das literarische Schreiben sind schon sehr unterschiedlich. In der Journalistenausbildung habe ich aber gelernt, Kritik einzustecken.
Sie wurden mit dem Österreichischen Buchpreis und dem Morgenstern-Preis ausgezeichnet, 2021 erhielten Sie für Ihren Text ,,Der Cousin“ den Ingeborg-Bachmann-Preis, eine der wichtigsten literarischen Auszeichnungen im deutschen Sprachraum. Was bedeuten Ihnen diese Würdigungen?
Zuallererst ist es natürlich eine Bestätigung. Als Schreibende bin ich permanent auch Zweifelnde. Und es ist schön zu wissen, dieser Text löst etwas aus. In einer Jury, bei Lesenden wie auch immer. Das ist schön. Und natürlich ist es fast notwendig, wenn man vom Schreiben leben will. Wir Schreibenden sind auf Stipendien und Preise angewiesen. Und das ist jedes Mal wieder ein bisschen Luft, um in Ruhe zu schreiben.