Lieglloch - Impression #1 | © Robert Seebacher

Lieglloch

Tauplitz

Wer an einer geeigneten Stelle in der Nähe des Ortes Tauplitz im Tal steht, der kann schon aus der Ferne den Eingang in das Lieglloch bewundern.

Ansonsten tut sich das bis 15 Meter breite und 10 Meter hohe Portal erst vor einem in 1.290 Meter Seehöhe auf, nachdem man unmittelbar vor ihm steht. Man gelangt über den Ortsteil Hollam, oberhalb von Tauplitz, zum Lieglloch. Gehzeit zirka 45 Minuten.

Wegen der guten Erreichbarkeit und Sichtbarkeit war schon sehr früh der Mensch in der Höhle, womöglich auf der Jagd nach Höhlenbären. Zahlreiche Grabungen seit dem Jahre 1926 haben wertvolles Fundmaterial zu Tage gefördert (zwei Feuerstellen, Steinwerkzeuge, Knochennadel, eine Knochenflöte mit zwei Löchern, mittelalterlicher Doppelkopfanhänger usw.). Anderer Höhleninhalt wurde von den Bauern in der Zwischenkriegszeit als Dünger geholt und verwendet.

Nur der erste Teil der Höhle ist einfach begehbar. Einem horizontalen Gang kann etwa 50 Meter weit, mal aufrecht, mal gebückt gefolgt werden.

Die Lieglsage

Im Hochlamb oberhalb Tauplitz stand einst das Anwesen des Bauern Liegl; und weil sich hinter dem Liegl-Hof am Fuße der Bergerwand eine große Höhle weit in den Berg hineinzieht, nannte man diese Höhle „Lieglloch“.

Einst lebten im Lieglloch drei Wildfräulein, die sehr gutmütig waren. Vom Lieglbauern holten sie sich stets die Milch, wofür sie diesem für Mensch und Vieh das nötige Wasser aus einer Quelle in ihrer Höhle zurinnen ließen. Darüberhinaus ließen sie auf den Wiesen des Lieglbauern, ebenso auf den Äckern, alles bestens gedeihen, so dass es der Bauer bald zu Reichtum und in Tauplitz zu großem Ansehen brachte.

Dies ging über Jahrhunderte gut. Doch nach vielen Generationen wurde plötzlich ein Lieglbauer so überheblich, dass er glaubte, die Wildfräulein nicht mehr zu brauchen. Als an diesem Abend eines der Wildfräulein Milch holen wollte, verweigerte ihm dies der Bauer. Nachdem ihm das Wildfräulein seinen silbernen Gürtel für Milch anbot, sagte er, dass dieser gerade für ein einziges Mal genügte. Das Wildfräulein wurde darauf sehr zornig. Aber als der Bauer nicht umzustimmen war, versprach es, ihm den Gürtel für dieses eine Mal zu überlassen. Damit die Wildfräulein aber weiterhin Milch holen könnten, bot es ihm die Wahl zwischen zwei Möglichkeiten an: Wenn er den silbernen Gürtel des Wildfräuleins zurückgäbe, könnte er immerwährende Fruchtbarkeit seiner Wiesen und Felder erhalten, anderenfalls könnte er sich Geld wünschen, wozu er den Gürtel um den vor dem Haus stehenden Baum binden und seinen Wunsch aussprechen müsste.

Der Lieglbauer entschied sich dafür, den Gürtel zu behalten und damit Geld zu machen. Kaum war das Wildfräulein gegangen, eilte er mit dem Gürtel zu dem Baum, band ihn um den Baumstamm und schrie, er wollte eine Tischlade voll Geld in Gold haben. Kaum war dieser Wunsch ausgesprochen, als sich mit mächtigem Donnerknall ein greller Blitz entlud, in den Baum mit dem Gürtel des Wildfräuleins einschlug und diesen völlig zerriss. Dem Bauern geschah nichts, doch erfasste ihn große Angst und er rannte in das Haus, versperrte die Haustür und zitterte wie Espenlaub. Als nach Mitternacht einige Burschen beim Lieglbauern vorbeigingen, sahen sie noch Licht in der Stube, und als einer von ihnen neugierig einen Blick durchs Fenster warf, prallte er entsetzt zurück. Am Tisch saß ein Mann ohne Kopf und zählte eine große Menge Goldstücke.

Die Wildfräulein sind seit jenem Tag verschwunden. Das Lieglloch existiert noch heute. Was aus dem kopflosen Lieglbauern geworden ist, weiß man nicht. Die späteren Lieglbauern hatten allerdings große Schwierigkeiten, sich am Hof zu halten. Die Ernten wurden immer geringer, der Wasserzufluss spärlicher. Seit mehr als hundert Jahren ist das seinerzeitige Liegl-Gut nur mehr ein Lehen (Pfannerlehen).

Quelle: Sagenhaftes Hinterbergertal, Sagen und Legenden aus Bad Mitterndorf, Pichl-Kainisch und Tauplitz vom Ende der Eiszeit bis zum Eisenbahnbau, Matthias Neitsch. Erarbeitet im Rahmen des Leader+ Projektes „KultiNat“ 2005 – 2007.
© Matthias Neitsch



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