Wir stehen vor der gotischen Wallfahrtskirche Pöllauberg, die neben den Annakircherl mit seinem Quellheiligtum imposant über dem Naturpark Pöllauertal aufragt. Vielleicht sind einige von uns schon über den Wallfahrerweg vom Pöllauer Kalvarienberg gekommen: so kommen wir an mehreren steinerne Bildstöcken aus der Barockzeit vorbei. Der letzte Abschnitt des Pöllauer Wallfahrerweges bettet den "Europa-Besinnungsweg" ein und zeigt uns u.a. mehrere zeitgenössische Stellen, darunter die der im KZ Auschwitz umgekommenen Mystikerin Edith Stein. Wir wissen: Mystikerinnen beschirmen den Fußreisenden entlang des PankratiusWeges wiederkehrend und verweisen behutsam auf die persönliche Spiritualität des Einzelnen, als wesentliches Element zum Beleuchten der Gottesbeziehungen und -erfahrungen. Betrachtung, Mediation und auch freies Gebet helfen uns entlang der 20 Wegkilometer mehrheitlich geschützter Landschaftsräume im (Neu)Entdecken des inneren Reichtums, der Werte, dem Tugendhaften im Leben. Formen im persönlichen Wachsen, das den ganzen Menschen in seiner Beziehung zur Welt und Gesellschaft einschließt. Ehrfurcht, Toleranz, Friedesliebe und Solidarität dienen als Orientierungshilfe.
Aber auch das Wahrnehmen des Ästhetischen soll vermehrt passieren, auf steinalten Pilgerpfaden machen wir uns auf, unbeschwerlich-leicht schlängelt sich der Weg gleich einer Intarsie im Hügelrücken-Grün. Kleinsakrale Kostbarkeiten laden uns ab und an zum Innehalten ein, zum Schauen in die Weite, bevor sich nach ca. 10 km das romanisch anmutende Berg-Wallfahrtskirchlein St. Pankrazen als lebendiger poetischer Ort auftut. Die Aussicht von da in die pannonische Tiefebene ist schön, unbeschreiblich. Worte der Mystikerin Simone Weil lesen wir, neben jenen junger Gegenwarts-SchriftstellerInnen, derweilen wir unter dem Fürbittbaum Halt machen. Später erwartet uns die Einkehr bei der Wirtin im historischen Mesnerhäusl.
Durch den Wald ziehen wir weiter, den Ostausläufern des Masenberges entlang Richtung „Allmerschmid“ und Erzherzog-Johann-Höhe. Bald darauf erreichen wir die Vorauer Brühl mit ihren erfrischend-wilden Wassern und somit den tiefsten Punkt des Weges. Ein Stück weiter tut sich das imposante Stift Vorau auf, mit seinen 800 Jahren am Buckel, knorrige Bäume und herausragende Gegenwartskunst vor den Toren, Klangdenkmal, Bibliothek und Artefakte von Weltrang im Drinnen. Weiter zum baudenkmalgeschützten Ortskern der Marktgemeinde Vorau. Wir sind im Joglland und die Energie von Hildegard von Bingen ist spürbar. Wir verweilen und schauen, bevor wir vorbei am Rathaus, die schmale Straße entlang, uns unserem Ziel nähern, der Vorauer Kreuzkirche. Einst europäisches Pilgerzentrum im Mittelalter, besticht der sakrale Platz heute vl. gerade mit seinen Nischenkapellen am Kirchenfriedhof, auch hier hat der berühmte Barockmaler Cyriak Hackhofer meisterlich seinen Pinsel geschwungen.
Den Weg beenden wir mit Innehalten und einem Eintrag in unser Tagebuch: PankratiusWeg: verbindet 3 spirituelle Zentren im Oststeirischen, Tugenden, Werte, Orientierungshilfen, Landschaftsästhetik, KunstKultur, Hügelwellen, gelebte Gastfreundschaft, berauschende Aus- und Einblicke, Entdeckung der Langsamkeit. Höchster Punkt: 1040 hm. Persönliche Akkus aufgeladen. Wiederkommen.