Mächtiges Palais in der Grazer Sporgasse.
Angriff von oben? Ein Mann mit Bart, Turban und Dolch blickt bedrohlich nach unten und weckt die Neugier der Passanten. Gut so, denn die Figur des berühmten Türken unter dem Dach ziert eines der schönsten Gebäude der Stadt. Beim Spaziergang durch Graz lohnt sich ein Besuch des Palais Saurau allemal. Mit dem reich verzierten barocken Kunstschmiedeportal, den Renaissance-Arkaden im Innenhof und den Prachträumen der Beletage lädt es ein, in die Geschichte der Familie Saurau einzutauchen.
Im Jahre 1566 errichtete Pankraz von Windischgrätz nah an der damals noch bestehenden mittelalterlichen Stadtmauer ein mächtiges vierflügeliges Palais. Ein schmales Gässchen zwischen Haus und Stadtmauer war Teil eines Fluchtweges von der Burg zur Schlossbergfestung, den Landesfürst Erzherzog Karl II. im Falle eines Angriffs benutzen konnte. Seit 1630 gehört das Gebäude der Familie Saurau, heute Goess-Saurau. Unter den Grafen Saurau wurde im 18. Jahrhundert fleißig barockisiert. Vor allem die Prunkräume erhielten damals ihre noch heute einheitlich erhaltene Ausstattung. Um 1730 entstand auch das eindrucksvolle Oberlichtgitter der Toreinfahrt. Es zählt steiermarkweit zu den bedeutendsten barocken Schmiedeeisenarbeiten. Der riesige Innenhof ist schlossbergseitig geprägt von Arkadengängen aus der Renaissancezeit. Die Pflasterung mit kleinen rundgeschliffenen Steinen aus der Mur - von den Steirern übrigens liebevoll "Murnockerln" genannt - ist typisch für Graz.
Wer im herrschaftlichen Hause keine Ruhe fand/findet, konnte/kann sich in den Gartenpavillon am Schlossbergabhang zurückziehen. Das barocke gekuppelte Kleinod ist so verschwiegen, dass es von kaum einer Stelle in Graz sichtbar ist.
Was hat es aber wirklich mit dem Türken auf sich, der aus dem Palais Saurau lugt? Legenden gibt es viele. Zum Beispiel die: Die Türken hatten Graz eingenommen. Allein die Schlossbergfestung nicht. Als ein türkischer Pascha im heutigen Palais Saurau sein Mahl einnahm, traf eine vom Schlossberg abgeschossene Kanonenkugel den köstlichen Braten. Dieser flog zum Fenster hinaus. Dem Pascha blieb nichts anderes übrig, als ihm nachzuschauen. Aus Zorn befahl er den Abzug der Türken aus Graz. Da die Türken Graz aber nie besetzten, kann's so wohl nicht gewesen sein. Über die ursprüngliche Funktion der hölzernen Halbfigur mit türkischen Zügen teilen sich die Meinungen. Mag sein, dass sich die Grafen Saurau bloß einer Mode anschlossen, die sich nach dem großen Sieg über die Türken 1683 durchsetzte, und ihr Haus "alla turca" schmückten.
Übrigens: Es war ein Mitglied der Familie Saurau (wenn auch kein Grazer), Franz Josef, der als Staatsminister seinem Kaiser Franz 1797 eine Geburtstagsfreude bereiten wollte. Der Komponist Joseph Haydn und der Dichter Lorenz Haschka schufen eine Hymne, die mit den Worten "Gott erhalte Franz, den Kaiser, unsern guten Kaiser Franz" begann. Bis zum Ende der Monarchie 1918 sollte sie die "Kaiserhymne" des Habsburgerreiches bleiben. Die Melodie lebt in Haydns "Kaiserquartett" weiter - und in der deutschen Bundeshymne.